Königheim (Baden-Württemberg)

Bildergebnis für Königheim Königheim ist heute eine Kommune mit derzeit ca. 3.200 Einwohnern im Main-Tauber-Kreis im Nordosten Baden-Württembergs - etwa sechs Kilometer westlich von Tauberbischofsheim gelegen (Kartenskizze 'Main-Tauber-Kreis', F. Paul 2009, aus: commons.wikimedia.org, CC BY-SA 3.0).

 

Ob bereits im 14.Jahrhundert eine kleine jüdische Gemeinde im Flecken Königheim bestanden hat, kann nicht eindeutig belegt werden; nach dem „Nürnberger Memorbuch“ sollen aber im Gefolge der „Rindfleisch-Pogrome” von 1298 auch Juden aus Königheim ums Leben gekommen sein. Urkundlich belegt ist die dauerhafte Ansiedlung von Juden seit Beginn des 15.Jahrhunderts - mit Ausnahme einiger Jahre während des Dreißigjährigen Krieges; die Juden standen in Königheim zunächst unter dem Schutz der Grafen von Wertheim, danach unter dem des Erzstifts Mainz.

Einem Ratsprotokoll von 1728 zufolge suchten die Königheimer Juden damals die Synagoge in Gissigheim auf. Es soll allerdings zu diesem Zeitpunkt schon eine „Judenschule“ am Ort gegeben haben. In den 1820er Jahren plante die Königheimer Judenschaft einen Synagogenneubau, um einen bestehenden Betraum in einem Privathause zu ersetzen; neben gemeindlichen Eigenmitteln sollte eine Kollekte bei Glaubensgenossen den Bau finanzieren helfen; doch zerschlugen sich diese Planungen. Deshalb erwarb man ein bestehendes Gebäude und baute es um. 1831 waren Betsaal mit Lehrerwohnung sowie ein rituelles Bad fertiggestellt.

Nachdem dieses Synagogengebäude 1886 einem Brand zum Opfer gefallen war, errichtete die Judenschaft im folgenden Jahr ein neues Gebäude an der Hauptstraße. Spenden auswärtiger Badener Juden hatten den Bau erst möglich gemacht.

                                                   eine Spendenbescheinigung

      http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%2015/Koenigheim%20Synagoge%20001.jpg

Synagogengebäude nach einer Planskizze von 1886 und hist. Aufn., um 1935 ? (Abb. aus: wikipedia.org, CCO)

Neben der Synagoge befand sich die jüdische Schule, die bis 1876 betrieben wurde.

http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20166/Koenigheim%20Israelit%2010071884.jpg Auf diese Stellenanzeige vom Juli 1884 bewarb sich der jüdische Lehrer Simon Lichtenstetter; für ein halbes Jahrhundert (bis 1934) war er fortan als Lehrer in Königheim tätig.

Bis 1875 wurden die verstorbenen Königheimer Juden auf dem jüdischen Verbandsfriedhof Külsheim beerdigt. Als dieser für die Beisetzung auswärtiger Juden nicht mehr zur Verfügung stand, nutzte man ein Gelände am Ortsrand (im Gewann "Bachhelle"), das an einem Steilhang lag.

Gegen Ende des 19.Jahrhunderts gehörten auch die wenigen Juden aus Gissigheim zur Königheimer Gemeinde, die seit 1827 dem Rabbinatsbezirk Wertheim zugewiesen war.

Juden in Königheim:

    --- um 1790 ........................  12 jüdische Familien,

--- 1825 ...........................  67 Juden,

--- 1838 ...........................  84   "  ,

    --- 1855 ........................... 120   “  ,

    --- 1875 ........................... 121   “  ,

    --- 1885 ........................... 102   "  ,

    --- 1900 ...........................  81   “  ,

    --- 1910 ...........................  71   "  ,

    --- 1925 ...........................  44   “  ,

    --- 1933 ...........................  37   “  ,

    --- 1938 ...........................  23   “  ,

    --- 1939 ...........................  13   “  ,

    --- 1940 ...........................  12   “  ,

             (Nov.) ....................  keine.

Angaben aus: F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, ..., S. 158

 

Die Juden Königheims spielten im Wirtschaftsleben des Dorfes eine wichtige Rolle; ihre Betriebe waren für die Ortsbewohner lebensnotwendig; neben Großhandlungen für landwirtschaftlichen Bedarf bzw. für Ankauf von Agrarprodukten gab es im Dorf im Jahre 1933 sieben jüdische Viehhändler. Zudem bestanden mehrere Einzelhandelsgeschäfte, die den täglichen Bedarf der Dorfbewohner abdeckten. Bis Anfang der 1930er Jahre gab es in Königheim die ff. jüdischen Geschäfte/Handlungen: Viehhandlung Hermann und Leo Bauer (Spitzsteiggasse 2), Stoffhandel und Gemischtwaren Meta und Jakob Bauer (Hartmannsgasse 1), Getreide- und Landesproduktenhandlung Semmy Block (Hauptstraße 6), Kurz- und Wollwaren Babette Groß (Langgasse 3, abgebrochen), Stoffhandlung, Konfektion und Grünkernaufkauf Josef Groß (Hauptstraße 25), Glas- und Porzellanwaren Hermann Heinemann (Neugasse 2, teilweise abgebrochen), Viehhandlung Benno Sommer (Faktoreigasse 3), Viehhandlung Bernhard Sommer (Plangasse 1, abgebrochen), Metzgerei und Viehhandlung Bernhard und Philipp Sommer (Hauptstraße 39), Viehhandlung Moses Sommer (Kapellengasse 1, abgebrochen, Torbogen und Wirtschaftsgebäude erhalten), Steingut- und Tonwarengeschäft Nanette Sommer (Neugasse 3), Textil- und Schuhgeschäft Sigmund Stern (Hardheimer Straße 8).  alle Angaben aus: alemannia-judaica.de/koenigheim_synagoge.htm)

Alle Betriebe wurden bis 1938 „arisiert“ bzw. liquidiert; ihre ehemaligen Eigentümer flüchteten zumeist ins Ausland.

Während des Novemberpogroms von 1938 wurde die Synagoge geplündert: Thorarollen und anderes Inventar wurden auf dem Sternplatz verbrannt. Das ehemalige Synagogengebäude ging nach 1938 in den Besitz der Kommune über. Im März 1945 wurde das Gebäude beim Einmarsch der US-Truppen in Brand geschossen und völlig zerstört. Die noch in Königheim zurückgebliebenen Juden wurden bei Kriegsausbruch durch das Dorf getrieben; man hatte ihnen ein Plakat mit der Aufschrift „Wir sind die Kriegshetzer” umgehängt. Im Anschluss mussten sie ihre Wohnungen verlassen und sich im „Judenhaus“ von Moses Sommer einquartieren. Bis zu ihrer Deportation Ende Oktober 1940 verblieben sie hier. Zwölf jüdische Bewohner Königheims wurden nach Gurs verschleppt.

Nach Angaben der Gedenkstätte Yad Vashem/Jerusalem und des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden ..." kamen 25 gebürtige bzw. länger am Ort ansässig gewesene Königheimer Juden während der NS-Verfolgung gewaltsam ums Leben (namentliche Nennung der betroffenen Personen siehe: alemannia-judaica.de/koenigheim_synagoge.htm - später nocvh ergänzt).

 

Seit 1985 erinnert eine unscheinbare Tafel in der Münzgasse an die einstige Synagoge des Ortes.

            Hinweistafel in der Münzgasse (Aufn. aus: wikiwand.com/de/Königheim) 

Als einziges sichtbares Relikt der kleinen Gemeinde existiert heute noch der ca. 750 m² große jüdische Friedhof mit noch ca. 65 Grabsteinen; der älteste Stein datiert von 1876.

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 Jüdischer Friedhof Königheim (F., 2018, aus: wikipedia.org, CC BY-SA 4.0)  

Gedenkstein in KönigheimSchüler/innen der Kirchbergschule Königheim gestalteten einen Memorialstein, der im Rahmen des landesweiten Projektes zur Deportation der badischen Juden auf dem Gedenkstättengelände in Neckarzimmern aufgestellt wurde (Abb. aus: mahnmal-neckarzimmern.de). Dessen Doublette fand seinen Platz im Garten des Königheimer Senioren- u. Pflegeheims St. Josef. Künftig soll hier zudem noch eine Gedenktafel an alle örtlichen Opfer des Holocaust erinnern (Stand 2021).

 

Auch im Ortsteil Gissigheim gab es bis gegen Ende des 19.Jahrhunderts eine kleine jüdische Gemeinde.

[vgl. Gissigheim (Baden-Württemberg)]

 

 

 

Weitere Informationen:

F.Hundsnurscher/G.Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale, Hrg. Archivdirektion Stuttgart, Band 19, Stuttgart 1968, S. 157 - 159

Franz Gehrig/Helmut Kappler, Marktflecken Königheim - Ortschronik, o.O. 1986

Joachim Hahn, Erinnerungen und Zeugnisse jüdischer Geschichte in Baden-Württemberg, Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1988, S. 344/345

Barbara Döpp (Bearb.), Die jüdischen Friedhöfe in Königheim und Königheim-Gissigheim, Unveröffentlichte Grunddokumentation des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg, 1991

Martin-Gerbert-Gymnasium Horn / Otto-Hahn-Gymnasium Nagold (Hrg.), Schattenrisse. Eine Annäherung an die Geschichte der jüdische Gemeinde von Horb am Neckar, 2000

Joachim Hahn/Jürgen Krüger, “Hier ist nichts anderes als Gottes Haus ...” Synagogen in Baden-Württemberg, Teilband 2: Orte und Einrichtungen, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007, S. 254 - 256 

Königheim, in: alemannia-judaica.de (mit Text- u. Bilddokumenten zur jüdischen Ortshistorie)

Burkard Gassenbauer, „Plötzlich abgeholt“ - Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Königheim und ihr grausames Ende im Dritten Reich, hrg. vom Heimatverein „Brehmbachtal“, 2018

Michael Mahr (Red.), Zwei Tafeln sollen in Königheim an Holocaustopfer erinnern, in: „Main-Post“ vom 29.12.2021